PresseDie mit großem Abstand meist fotografierten Motive am Sengelsberg waren die prächtig geschmückten Erntewagen. (SZ-Foto: Martin Völkel)

Das Erntedankfest ist zurück – in anderer Form

Erntewagen und Backhausbrote fahren auch in die Ortschaften / Appell für mehr Umweltbewusstsein und soziales Engagement

Die Veranstaltung findet erstmalig im und rund um das neue Museum am Rothaarsteig statt.

Bad Berleburg. (vö) Das war ein viel versprechender Neuanfang: Mit dem Erntedankfest und Brotmarkt feierte die Stadt Bad Berleburg am Sonntag die Rückkehr der Traditionsmärkte – und auch so etwas wie die erhoffte Unterbrechung der Corona-Zwangspause seit eineinhalb Jahren. Die Veranstaltung fand zwar in deutlich kleinerem Rahmen statt als gewohnt. Aber sie fand eben statt und das ist ein hoffnungsvolles Zeichen. Das Geschehen rückte von der Stadtmitte hinauf zum neuen Museum des Heimatvereins „Landwirtschaft und Brauchtum“ am Sengelsberg. „Es ist schön, dass das Gelände endlich wieder mit Leben gefüllt wird“, betonte dessen 1. Vorsitzender Klaus Daum. Dort verkauften der Verkehrs- und Heimatverein Bad Berleburg, der Kirch- und Gemeindeförderverein Raumland und die Backhausgemeinschaft Berghausen-Hude frische Backhausbrote, Hefezopf, Rosinenbrot und belegte Schnitten.

Abgerundet wurde das Angebot mit herzhaften Leckereien, Waffeln und frischem Kaffee. Die beliebtesten Fotomotive standen allerdings im Außenbereich, wo die Landjugend Wittgenstein und die Dorfjugend Schüllar-Wemlighausen ihre wunderschönen Erntewagen platziert hatten. Eröffnet wurde der Tag mit einem Festgottesdienst im Museum, der mit rund 100 Menschen hervorragend besucht war. Es wurde mit Herzblut und großer Spielfreude musiziert und es wurde – unter der Maske – gesungen. Ein Gottesdienst, in dem durchaus auch deutliche und treffende Worte fielen.

„Wir bekommen vor Augen geführt, dass wir nicht die Herren dieser Welt sind. Die Naturgesetze gelten genauso für uns.“
Klaus Daum, 1. Vorsitzender Heimatverein Landwirtschaft und Brauchtum

Klaus Daum, der 1. Vorsitzende der Heimatvereins „Landwirtschaft und Brauchtum“, machte deutlich, dass ein Anlass wie das Erntedankfest in Teilen der Gesellschaft offenbar nicht mehr zeitgemäß gewesen sei. „Weil ja alles höher, größer, schneller und weiter gehen muss.“ Doch die Natur habe dem Menschen ja zuletzt ganz deutlich die Folgen seines ausschweifenden Lebenswandels aufgezeigt. Der Klimawandel, der ja immer wieder angezweifelt werde, sei Realität: „Wir bekommen vor Augen geführt, dass wir nicht die Herren dieser Welt sind. Die Naturgesetze gelten genauso für uns.“

Ein ungewohntes Bild, an das man sich aber gerne wieder gewöhnen möchte. Rund 100 Besucher kamen zum Gottesdienst im neuen Museum. (SZ-Foto: Martin Völkel)Daran knüpfte auch Pfarrerin Claudia Latzel-Binder an. Der Mensch zerstöre das, was geschaffen worden sei – und zwar in einem Ausmaß, dass die ganze Welt betroffen sei. Der Appell der Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg ging dahin, sich weiter zu engagieren. Für die Umwelt, für die Gesellschaft. Die Corona-Pandemie habe zwangsläufig dazu geführt, dass sich die Menschen ins Private zurückgezogen hätten: „Wenn aber das Verhalten vom Rückzug einhergeht mit einem Rückzug aus dem sozialen Engagement und für die Welt, dann ist das eine Katastrophe.“

Wenn in der Pandemie Toilettenpapier und Desinfektionsmittel gehortet werde, sei das, so die Pfarrerin, kein gutes Zeichen: „Das funktioniert so nach dem Motto: Wenn alle sterben, ist zumindest mein Hintern sauber. Ich rette mich, was rechts und links neben mir untergeht, ist völlig egal.“ Nach dem Gottesdienst stand das Museum, das sich ja nach wie vor noch in der Entwicklung befindet, allen Besuchern offen. Die ausgestellten historischen Raritäten sind sehenswert, die Helfer des Vereins haben eine ganz hervorragende Arbeit geleistet.

Es duftet wieder nach frischem Backhausbrot: Die Handwerksprodukte fanden am Sonntag reißenden Absatz. (SZ-Foto: Martin Völkel)Für die Erntewagen ging es anschließend weiter. Sie wurden auch in Wemlighausen, wo erstmals auch ein kleines Erntedankfest gefeiert wurde, Wunderthausen, Berghausen und Arfeld präsentiert. Diese Stationen steuerte auch der Jugendförderverein Bad Berleburg an, der mit seinem „Brotmarkt to go“ unterwegs war und mit Unterstützung der Bäckerei Schwan aus Diedenshausen frische Brote an den Mann und an die Frau brachte. Ein Teil des Erlöses ist für die Dorfjugend Berghausen bestimmt.

Die will dann wieder mit einem eigenen Erntewagen an den Start gehen, wenn der Anhänger für Laura Pott barrierefrei umgebaut ist, die bei einem schweren Osterfeuer-Unfall schwer verletzt worden war.

Von Martin Völkel

Siegener Zeitung
Montag, 4. Oktober 2021
Bildquelle: Fotos (3) von Martin Völkel (vö)
Internet: www.siegener-zeitung.de

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